Am Nachmittag des 11. Juli 2024 ahnte noch niemand, was dieser Tag bringen würde. Um kurz vor 20:00 Uhr erhielten viele Menschen Unwetterwarnungen über diverse Wetter-Apps. Blitze und Donner wurden begleitet von starkem Regen, doch niemand konnte die bevorstehenden Ereignisse vorhersehen. Eine Gewitterzelle setzte sich im Bergland von Maria Lankowitz bis zur Pack fest und hielt mehrere Stunden an. Die extremen Niederschlagsmengen verwandelten kleine Bäche in reißende Flüsse, entwurzelten Bäume und zerstörten Brücken. Eine Spur der Verwüstung erstreckte sich von Gößnitz in der Gemeinde Maria Lankowitz über den Gößnitz- und Teigitschgraben bis nach Krottendorf-Gaisfeld.
Donnerstag, 11. Juli 2024 / 21:10 Uhr
Die Feuerwehr Maria Lankowitz wurde zu einem Murenabgang im Bereich des Gasthauses Grabenmühle alarmiert. Unser TLF-A machte sich umgehend auf den Weg, jedoch waren bereits auf der Anfahrt viele Straßen überschwemmt, da die Kanalisation die Regenmengen nicht mehr aufnehmen konnte. An der Einsatzstelle stand die Brücke in Richtung Gößnitz-Dorf bereits bis über das Geländer unter Wasser, und der Gößnitzbach war zu einem reißenden Fluss geworden, der mitten durch das Gasthaus Grabenmühle floss. Aufgrund des weiter ansteigenden Wasserspiegels wussten wir, dass es eine lange Nacht werden würde. Nachdem die Straße gesperrt wurde, erhielten wir über Funk den nächsten Notruf: „Menschenrettung – Personen kommen nicht mehr aus dem Haus.“ Umgehend rückten alle verfügbaren Einsatzkräfte in Richtung „Lustiger Bauer“ aus. Eine Brücke, die zum Haus führte, wurde weggerissen und der Bach floss links und rechts am Haus vorbei. Gemeinsam mit der Drehleiter der Feuerwehr Köflach konnten wir die Familie retten, die bei einem Nachbarn untergebracht wurde. Aufgrund der zahlreichen weiteren Notrufe wurde im Rüsthaus eine Einsatzleitung eingerichtet, und weitere Feuerwehren, die selbst noch nicht im Einsatz standen, wurden zur Unterstützung alarmiert. An vielen Einsatzorten konnten wir vorübergehend nur die Straße sperren, besonders im Ortsteil Gößnitz war eine Zufahrt unmöglich. Personen, die nicht mehr nach Hause konnten, fanden vorübergehend im Rüsthaus Unterkunft. Um kurz vor 02:00 Uhr morgens fand eine Lagebesprechung in der Einsatzleitung statt, und die Einsätze wurden bis in die Früh eingestellt. Einige Kameradinnen und Kameraden blieben im Rüsthaus für Akuteinsätze in Bereitschaft.
Freitag, 12. Juli 2024
Um ca. 06:30 Uhr wurde der Unwettereinsatz fortgesetzt. Nach einer kurzen Erkundungsfahrt zeigte sich bereits ein Teil des Ausmaßes der Schäden. Um 07:30 Uhr versammelten sich Vertreter des Landes Steiermark, der Bezirkshauptmannschaft, unsere Amtsleiterin Claudia Nöres-Neuherz in Vertretung für unseren Bürgermeister, der Bauhof, Vertreter des Roten Kreuzes, Bereichskommandant LDBS Christian Leitgeb, die Wildbach- und Lawinenverbauung sowie Vertreter des Österreichischen Bundesheeres zur ersten Lagebesprechung bei uns in der Einsatzleitung. In weiterer Folge wurde das gesamte Unwettergebiet zum Katastrophengebiet erklärt. Während unsere Mannschaft bereits bei den Aufräumarbeiten beim Gasthaus Grabenmühle im Einsatz stand, unterstützt von weiteren Feuerwehren, diente unser KLF-A gemeinsam mit der Wildbach- und Lawinenverbauung als Erkundungsfahrzeug zur Erstellung eines Gesamtbildes der Schäden entlang der Bäche. Am Nachmittag zog eine weitere Gewitterfront auf das Katastrophengebiet zu, und um kurz nach 16:30 Uhr begannen wir mit der Evakuierung der Einsatzstellen. Um 16:45 Uhr wurde Zivilschutzalarm für die betroffene Region gegeben. Durch das kurze, aber dennoch sehr starke Gewitter mit heftigen Sturmböen kamen weitere Einsatzstellen hinzu. In den frühen Abendstunden zeigte sich bereits eine erhebliche Erschöpfung bei unseren Kameradinnen und Kameraden, die fast 24 Stunden im Einsatz standen.
Samstag, 13. Juli 2024
Ausschlafen war kein Thema, denn um kurz nach 06:00 Uhr wurden wir zu einer Türöffnung im Ortsgebiet alarmiert. Eine Person hatte medizinische Probleme und konnte die Tür nicht mehr selbstständig öffnen. Im Anschluss wurden die Aufräumarbeiten nach dem Unwetter fortgesetzt. Mittlerweile unterstützte auch das Österreichische Bundesheer mit Pionieren die Arbeiten. Unsere Kameradinnen und Kameraden standen weiterhin beim Gasthaus Grabenmühle im Einsatz, unterstützt von der Feuerwehr Salla. Zudem wurden mehrere Bäume von Straßen entfernt und einige kleinere Verklausungen im Lankowitzerbach gelöst. Auch an diesem Tag waren wir bis in die Abendstunden im Einsatz.
Sonntag, 14. Juli 2024
Auch am Sonntag begann der Tag um 07:00 Uhr, und die Aufräumarbeiten wurden fortgesetzt. Es mussten einige Hangrutschungen gesichert werden. Die Arbeiten dauerten bis in den Abend hinein. Besonders hervorzuheben ist, dass durch die zahlreichen freiwilligen Helfer die Arbeiten beim Gasthaus Grabenmühle abgeschlossen werden konnten.
Montag, 15. Juli 2024
Um 07:00 Uhr starteten wir erneut mit den Aufräumarbeiten. Gemeinsam mit den Kameraden der Feuerwehr Köflach gratulierten wir zunächst unserem Kommandant-Stellvertreter OBI Daniel Gspurning zu seinem Geburtstag, bevor wir zum ersten Einsatzort aufbrachen. Zum Glück waren nur noch wenige Einsatzstellen abzuarbeiten, und am frühen Nachmittag waren alle uns zugänglichen Einsätze abgeschlossen. Alle Fahrzeuge wurden gereinigt und wieder einsatzbereit gemacht, ebenso die persönliche Ausrüstung von Schlamm befreit. Unsere Mannschaft ist nun ziemlich erschöpft, der tagelange Einsatz mit wenig Schlaf wird dem einen oder anderen noch einige Tage in den Knochen stecken. Ein Dankeschön an alle Firmen, die unsere Kameradinnen und Kameraden für diesen Katastropheneinsatz freigestellt haben, um helfen zu können.
Während der tagelangen Einsätze fungierte unser Rüsthaus als zentrale Einsatzleitung und Verpflegungsstelle für alle eingesetzten Kräfte von Feuerwehr und Gemeinde in unserem Löschgebiet. Ein besonderer Dank geht an alle, die uns Getränke, Mehlspeisen oder eine Jause vorbeigebracht haben, sowie an unser Küchenteam, das alle mit Getränken und Speisen versorgte. Besonders bedanken wir uns beim Gasthaus Thöny für die Kotelettesemmeln und beim Café Zuckermühle für die Mehlspeisen.
Ein großes Dankeschön geht auch an die Bevölkerung für ihr Verständnis, dass wir teilweise erst Tage nach der Alarmierung handeln konnten, und für die unglaubliche Anzahl an freiwilligen Helfern, ohne die es nicht möglich gewesen wäre, alles so schnell abzuarbeiten.
Leider mussten wir auch beobachten, dass einige Menschen in abgesperrte Bereiche gingen oder fuhren, um „coole Fotos“ vom Leid anderer zu machen. Dies verurteilen wir aufs Schärfste.
Wir möchten uns bei allen Feuerwehren bedanken, die uns in unserem Löschgebiet mit Mannschaft und Gerät unterstützt haben, darunter die Feuerwehren Salla, Köflach, Piber, Voitsberg und Mooskirchen. Ebenso danken wir allen Mitarbeitern der Gemeinde für die hervorragende Zusammenarbeit, sowie der Wildbach- und Lawinenverbauung, der BH Voitsberg, dem Land Steiermark, dem Österreichischen Bundesheer, der Polizei und dem Roten Kreuz.
In unserer Einsatzleitung wurden in den fünf Tagen über 50 Einsatzadressen koordiniert, und allein unsere Kameradinnen und Kameraden leisteten über 1300 Stunden, um zu helfen bzw. zu retten, was noch zu retten war.
Bilder: Feuerwehr Maria Lankowitz, Wildbach- und Lawinenverbauung
Bericht: OLM Dominik Kinzer
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